Die  JAKOBIKIRCHE

 Die Jakobikirche trägt den Namen des Apostels Jakobus d.Ä.. In der vorreformatorischen Zeit war die Kirche eine wichtige Stationen der Jakobspilger auf ihrem Weg zum Grabe des Apostels im spanischen Santiago de Compostela. In Herford und Umgebung ist die Jakobikirche besser bekannt unter dem Namen "Radewiger Kirche", genannt nach dem Ortsteil um den Gänsemarkt, der heute "die Radewig" heißt und der seit dem 9. Jahrhundert den Namen "Roter Wik" führte. Der Wik war im Mittelalter einen Handelsplatz der freien Kaufleute, die unter dem Schutz der sogenannten Königsmunt ( königlicher Schutz ) standen. Rot war die Gerichtsfarbe. Der Rote Wik war also der freie Markt der Königskaufleute.  
Die Sancta Herfordia" mit ihrer Häufung von Kirchen, Klöstern, Kapellen, Hospitälern und weiteren kirchlichen Einrichtungen zog - in Verbindung mit der günstigen Verkehrslage an zwei Furten - schon früh die Jakobspilger ins "Heilige Herford", wo ihnen vier Herbergen zur Verfügung standen, in denen sie sich von den Strapazen der Wanderungen erholen konnten. Zur geistigen Stärkung hatte man eine einfache Kapelle zu Ehren des Heiligen Jakobus errichtet.  Über die Anfänge dieser Kapelle  ist nichts Genaues bekannt. Unter der Äbtissin Gertrud II. zur Lippe, ( 1215 - 1238) auch Bauherrin des Herforder Münsters, wurde mit dem  jetzigen gotische Bau begonnen.
Fertiggestellt wurde er jedoch erst gut 100 Jahre später, im 2. Viertel des 14. Jahrhunderts. Er wurde über den Fundamenten der kleineren romanischen Basilika des 11. bis 12. Jahrhunderts errichtet.

Jakobsmuschel  Noch 1135 erscheint die Jakobikirche in einer Urkunde als ,,Capella", und aus einer Bulle des Papstes Julius II. (1503-1513) von 1510 geht hervor, dass St. Jakobi auch Pfarrkirche war.
Kennzeichen der Jakobspilger war die Muschel, eine Kamm - Muschel mitfächerartig gerippter Schale, die den Pilgern als Trinkgefäß diente. Diese Muschel grüßte die Pilger von dem südwestlichen Strebepfeiler der Jakobikirche, sie findet sich auch an Hut und Reisetasche einer in Stein gehauenen Pilgerfigur aus der Zeit um 1350, die heute im städtischen Museum auf bewahrt wird.
In den Jahren 1530-1536 setzte sich in Herford die Reformation durch. 1530 wurde die Jakobikirche wegen der sich mehrenden Missstände unter den Pilgern auf Anordnung des Rates geschlossen, obgleich sie noch dem katholisch Reichsstift unterstand.
Dass Inventar der Kirche wurde geplündert oder verwüstet, der Kircheninnenraum diente lange Jahre als Scheune, Pferdestall o.ä.  Erst 60 Jahre später wurde die Jakobikirche als evangelische Pfarrkirche wieder in Dienst genommen. Das Hauptverdienst daran gebührt dem Kauf- und Ratsherrn Anton Brudtlacht (auch Brautlacht), gestorben am 9. Juni 1612, der nach mancherlei Ämtern und Ehrenämtern zehn Jahre lang bis in sein Todesjahr auch das Amt eines Bürgermeisters in der Altstadt bekleide Er betrieb, mit voller Unterstützung der Radewiger Bürger, die Instandsetzung der vom Verfall bedrohten Kirche und dies mit Zustimmung der jetzt evangelisch Äbtissin, Magdalena l. Gräfin zur Lippe. Die Eheleute Brudtlacht stifteten zur Kirchweihe die reichgeschnitzte Kanzel mit figurenreichem Schalldeckel. Sie bietet sich nach gewissenhafter Restauration seit Oktober 1981 in ihrer ursprünglichen Schönheit dar. Die Brudtlachtstraße in der Radewig hält das Andenken Anton Brudtlacht wach.


Kanzel und Schalldeckel( li.)

Taufe

Den ersten Gottesdienst mit evangelischer Predigt hielt der von Stiftberg  bestellte Pfarrer Binchius am Donnerstag nach dem 1. Advent 1590. - Auf Weisung der Äbtissin durfte in der Jacobikirche sonntags nicht gepredigt werden, anfangs durften auch die Sakramente nicht erteilt werden. - Seit dieser Zeit wird der Donnerstag nach dem 1. Advent als Kirchweihfest unter dem Namen "Radewiger Kohlfest" begangen, weil es 1590 als Festessen Grünkohl gegeben haben soll, der damals noch "brauner Kohl" hieß. Nach der Legende soll auch die Kirche mit Grünkohl ausgeschmückt gewesen sein, weil wegen des ungewöhnlich schneereichen Winters kein Tannengrün aus dem Wald geholt werden konnte.

Die Spendung der heiligen Sakramente wurde erst im Jahre 1610 - und zwar gegen den Willen der Äbtissin. Felicitas II. Gräfin von Eberstein - durchgesetzt. In diese Entwicklung fügten sich jedoch in den folgenden Jahren sowohl die Äbtissin als auch der widerstrebende Rat der Altstadt. Aus Anlass der Spendung der hl. Sakramente am 5. August 1610 stifteten die Eheleute Brudtlacht 1611 einen wundervollen Renaissance-Taufständer in Holz, der nach mehrjährigem Werkstatt-Aufenthalt seit 1981 wieder seinen alten Platz eingenommen hat. Die für die Entwicklung der Jakobigemeinde entscheidenden Ereignisse der Jahre 1530. 1590 und 1610 sind auf einer schlichten Erinnerungstafel in lateinischer Schrift festgehalten. Sie hängt nach ihrer Restaurierung an der Wand rechts vom Altar.  
Von Binchius bis heute hatte die Jakobigemeinde nur 17 Pfarrer, von denen der Pastor Joh. Steinmeier die heute unvorstellbare Zeit von 61 Jahren (1686-1747) im Amt war. Sein Bild fand seinen Platz über der Südempore.  
Neben Bildern und Christus am Kreuz  haben noch zwei Kuriositäten in der Jacobikirche ihren Platz gefunden: ein Hirschkopf im Barockleuchter und eine Walrippe, die Anton Brudtlacht 1589 auf Juist erworben hat.

Quellen: Jakobikirche Herford; Schnell, Kunstführer Nr. 1397 (1884) -
P.O.Walter: Herfords historische Kirchen im Bild; Herford, 1993