Die
JAKOBIKIRCHE Die
Jakobikirche trägt den Namen des Apostels Jakobus d.Ä.. In der
vorreformatorischen Zeit war die Kirche eine wichtige Stationen der
Jakobspilger auf ihrem Weg zum Grabe des Apostels im spanischen Santiago
de Compostela. In Herford und Umgebung ist die Jakobikirche besser bekannt
unter dem Namen "Radewiger Kirche", genannt nach dem Ortsteil um
den Gänsemarkt, der heute "die Radewig" heißt und der seit dem
9. Jahrhundert den Namen "Roter Wik" führte. Der Wik war im
Mittelalter einen Handelsplatz der freien Kaufleute, die unter dem Schutz
der sogenannten Königsmunt ( königlicher Schutz ) standen. Rot war die
Gerichtsfarbe. Der Rote Wik war also der freie Markt der Königskaufleute.
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Jakobsmuschel | Noch 1135 erscheint die
Jakobikirche in einer Urkunde als ,,Capella", und aus einer Bulle des
Papstes Julius II. (1503-1513) von 1510 geht hervor, dass St. Jakobi auch
Pfarrkirche war. Kennzeichen der Jakobspilger war die Muschel, eine Kamm - Muschel mitfächerartig gerippter Schale, die den Pilgern als Trinkgefäß diente. Diese Muschel grüßte die Pilger von dem südwestlichen Strebepfeiler der Jakobikirche, sie findet sich auch an Hut und Reisetasche einer in Stein gehauenen Pilgerfigur aus der Zeit um 1350, die heute im städtischen Museum auf bewahrt wird. In den Jahren 1530-1536 setzte sich in Herford die Reformation durch. 1530 wurde die Jakobikirche wegen der sich mehrenden Missstände unter den Pilgern auf Anordnung des Rates geschlossen, obgleich sie noch dem katholisch Reichsstift unterstand. |
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Dass
Inventar der Kirche wurde geplündert oder verwüstet, der
Kircheninnenraum diente lange Jahre als Scheune, Pferdestall o.ä. Erst
60 Jahre später wurde die Jakobikirche als evangelische Pfarrkirche
wieder in Dienst genommen. Das Hauptverdienst daran gebührt dem Kauf- und
Ratsherrn Anton Brudtlacht (auch Brautlacht), gestorben am 9. Juni 1612,
der nach mancherlei Ämtern und Ehrenämtern zehn Jahre lang bis in sein
Todesjahr auch das Amt eines Bürgermeisters in der Altstadt bekleide Er
betrieb, mit voller Unterstützung der Radewiger Bürger, die
Instandsetzung der vom Verfall bedrohten Kirche und dies mit Zustimmung
der jetzt evangelisch Äbtissin, Magdalena l. Gräfin zur Lippe. Die
Eheleute Brudtlacht stifteten zur Kirchweihe die reichgeschnitzte Kanzel
mit figurenreichem Schalldeckel. Sie bietet sich nach gewissenhafter
Restauration seit Oktober 1981 in ihrer ursprünglichen Schönheit dar.
Die Brudtlachtstraße in der Radewig hält das Andenken Anton Brudtlacht
wach.
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Kanzel und Schalldeckel( li.) |
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Taufe |
Den ersten Gottesdienst mit evangelischer Predigt hielt der von Stiftberg bestellte Pfarrer Binchius am Donnerstag nach dem 1. Advent 1590. - Auf Weisung der Äbtissin durfte in der Jacobikirche sonntags nicht gepredigt werden, anfangs durften auch die Sakramente nicht erteilt werden. - Seit dieser Zeit wird der Donnerstag nach dem 1. Advent als Kirchweihfest unter dem Namen "Radewiger Kohlfest" begangen, weil es 1590 als Festessen Grünkohl gegeben haben soll, der damals noch "brauner Kohl" hieß. Nach der Legende soll auch die Kirche mit Grünkohl ausgeschmückt gewesen sein, weil wegen des ungewöhnlich schneereichen Winters kein Tannengrün aus dem Wald geholt werden konnte. Die
Spendung der heiligen Sakramente wurde erst im Jahre 1610 - und zwar gegen
den Willen der Äbtissin. Felicitas II. Gräfin von Eberstein -
durchgesetzt. In diese Entwicklung fügten sich jedoch in den folgenden
Jahren sowohl die Äbtissin als auch der widerstrebende Rat der Altstadt.
Aus Anlass der Spendung der hl. Sakramente am 5. August 1610 stifteten die
Eheleute Brudtlacht 1611 einen wundervollen Renaissance-Taufständer in
Holz, der nach mehrjährigem Werkstatt-Aufenthalt seit 1981 wieder seinen
alten Platz eingenommen hat. Die für die Entwicklung der Jakobigemeinde
entscheidenden Ereignisse der Jahre 1530. 1590 und 1610 sind auf einer
schlichten Erinnerungstafel in lateinischer Schrift festgehalten. Sie hängt
nach ihrer Restaurierung an der Wand rechts vom Altar. |
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Quellen: Jakobikirche Herford;
Schnell, Kunstführer Nr. 1397 (1884) - P.O.Walter: Herfords historische Kirchen im Bild; Herford, 1993 |