Das
Münster |
||
In
Jahre 789 gründete Waltger, ein sächsischer Edelmann, der bereits von
seinen Eltern im christlichen Glauben erzogen war, auf seinem Grund und
Boden zu Ehren der heiligen Jungfrau
Maria ein Damenstift. Damit legte er zugleich den Grundstock für
die Stadt Herford. Waltgers erste
Versuche, das Stift in Müdehorst und Oldenhervorde zu errichten,
scheiterten. Auch in Herford wurde der erste Bau, eine noch relativ kleine
Holzkapelle, wohl im Zusammenhang der Sachsenaufstände 793/794, wieder
zerstört. Erst nachdem Waltger die Reliquien des Heiligen Oswald, König
von Northumbrien, aus England holte (wahrscheinlich 793/794, spätestens
795) und diese im Neubau niederlegte, hat seine Gründung Bestand. |
||
Er muss
aber mit größter Wahrscheinlichkeit unter der heutigen Kirche gelegen
haben, da eine Verlagerung von außerhalb des Friedhofs auf einen Friedhof
mit aktueller Belegung ein nur sehr schwer
durchzusetzender Vorgang gewesen wäre. Und dieser Friedhof ist um die
Kirche und zum Teil auch unter der heutigen Kirche nachzuweisen. So war
denn der erste Bau zugleich
Kloster bzw. Stiftskirche und auch Pfarrkirche. Die Größe und Belegung
des Friedhofs lassen keinen anderen Schluss zu. Diese Doppelfunktion der
Kirche hat ebenso alle Nachfolgebauten geprägt. In den zwanziger Jahren
des neunten Jahrhunderts werden die Holzbauten des Klosters und der Kirche
durch Steinbauten ersetzt. Dieser Kirchsaalbau ist unter der heutigen
Kirche in Resten ausgegraben worden. Zur selben Zeit unterstellt Waltger
seine Gründung dem Schutz des Kaisers Ludwig des Frommen. Es gibt sehr
ernste Hinweise darauf, dass Judith, die Ehefrau Ludwig des Frommen, eine
Nichte Waltgers gewesen ist. Der kaiserliche Schutz führt zu einer
deutlichen Förderung und Ausstattung des Herforder Stifts. 926
überfallen die Ungarn Herford. Kirche und Stift werden durch einen großen
Brand zerstört. Bereits in der ersten Hälfte des zehnten Jahrhunderts
wird die Kirche wieder aufgebaut. Sie besteht trotz einiger Umbauten und
Ergänzungen bis in das dreizehnte Jahrhundert hinein. Die Erbauungszeit
direkt nach dem Überfall und auch die wenigen nachweisbaren Bauelemente
lassen einen relativ schlichten Bau ohne größere Bauplastik vermuten. Ab
ca. 1220 lässt dann Äbtissin Gertrud zur Lippe den bestehenden Bau durch
einen Neubau ersetzen. Warum sie dieses tat, ist nicht zu belegen. Eine größere
oder vollständige Zerstörung
der Kirche durch einen Brand o.ä. lässt
sich nicht nachweisen. Wahrscheinlicher wird es sein, dass der einfache
Bau aus dem zehnten
Jahrhundert nicht mehr den
Ansprüchen des Stiftes und seiner Äbtissin genügte und sich so das
Stift zu einem repräsentativen Neubau entschloss. Ziel war es natürlich
auch , eine hochmoderne Kirche zu bauen, die der hervorragenden
Stellung des Herforder Stifts und seiner Äbtissin gerecht wurde. Immerhin
zählte sie in reichs- und papstunmittelbarer Rechtsstellung zu den mächtigsten
Frauen im deutschen Reich. Sie war im bischöflichen und fürstlichen Rang
und wurde als eine Stellvertreterin Christi auf Erden angesehen. Zum
Zeichen dafür wurde sie bei der Inthronisation auf den Hochaltar gesetzt. Das
Herforder Münster ist die frühste große Hallenkirche in Deutschland,
sie ist zugleich die einzige, die noch in romanischem Stil erbaut ist.
Hier wurde ein entscheidende Schritt vollzogen: statt einer Basilika mit
der betonten Achse vom Westportal zum Chor-Altar entstand der typisch
westfälische Hallenraum mit seinen drei gleich hohen Schiffen. Dieser sollte
auch nicht in der Mittelachse, sondern von der Seite her (heute vom
Paradiesportal) betreten werden. |
||
Rechts
davon folgt das Siebensonnentor. An das mit 7 runden Kupferscheiben gefüllte
Fenster knüpft sich die Legende von den sieben Sonnen, die den feuchten
Baugrund trocken gelegt haben sollen. Oder sind es doch wohl nur Symbole für
die 7 Wochentage, mit der größten Sonne in der Mitte, dem Sonntag, dem
Tag des Herrn ? Oder stellen die sieben Sonnen die für das Herforder
Stift wichtigen Heiligen dar, mit Christus in der Mitte, nämlich Maria,
Pusinna, Waltger, Oswald, Kilian und eventuell Burghard ? |
||
Die
heute freiliegende Westfront war
ursprünglich nicht als "Fassade" gedacht, vor ihr lagen ehemals
die Bauten der Abtei, die Residenz der Äbtissin. Das Westportal mit dem
Fenster darüber ist erst um 1330 in die vorher geschlossene Mauer
eingesetzt worden, es diente damals auch nur dem feierlichen Einzug der Äbtissin
bei ihrer Inthronisation. |
||
Stärker
noch als im Außenbau tritt der romanische Charakter des Bauwerks im
Inneren hervor, und die Wiederherstellung nach den Kriegsschäden hat die
klaren architektonischen Formen vorzüglich zur Geltung gebracht. |
||
In
der Pusinnenkapelle (7) findet man noch alte Wandmalereien aus der Zeit um
1500. Auf dem Wandbild sind Maria, Pusinna und zwei Bischöfe, wohl Kilian
und Burghard dargestellt. (8)
Beichtkammer und Bibliothek; (9) die Siebensonnenvorhalle - einst
Haupteingang vom Alten Markt aus; (10)
Krämerchor mit darunterliegendem Beinhaus; (11) Paradies, heutiger
Haupteingang. Zur
Ausstattung : |
||
(B) Um 1520 entstand als einzigen große Steinplastik in der Münsterkirche der heilige Christopherus. Jedes Jahr zu Pfingsten ( auch heute noch) bekommt sein Baum frisches Birkengrün. |
||
(C)
Die Kanzel ist ein ausgezeichnetes Schnitzwerk aus dem frühen Barock,
gestiftet von dem Stiftsamtmann Johann v. Grapendorf in der Zeit von
1630-40. Die überreichen phantastischen Formen kommen aus der Herforder
Tradition der Spätrenaissance (Werke auch in der Jacobi- und Johanniskirche):
Figuren-Reliefs, Engel, groteske Masken und Knorpelornamente. In gleicher
Weise wie der Kanzelkorb ist auch die Treppenbrüstung verziert. Die
Kanzeltür ist 1669 von dem Neffen des Stiftes, Hieronymus v. Grapendorf,
hinzugefügt worden. Dieselben reichen Zierformen zeigt auch der
Schalldeckel. (D) In der Mitte der Vierung befindet sich der Lettner-Altar aus der Bauzeit um 1230, Ursprünglich war er an der Vorderseite mit einer Kreuzes- und einer Heiligendarstellung - wohl Maria - verziert. |
||
(E)
In der Taufkapelle findet man den 1490 entstandenen Taufstein. An seinem
Sockel zeigt der achteckige Stein acht Heilige: vier Frauen und vier Männer,
darunter Petrus, Paulus und wohl auch Pusinna. Die ursprüngliche Nutzung
der heutigen Taufkapelle ist nicht ganz klar belegt. Lange Zeit diente sie
als Durchgangshalle für Prozessionen.
|
||
Quellen: |