Hanna Sauder: Die Geschichte der Bauern im Gebiet des Klosters Doberan

 

 

1.     Die Geschichte der Bauern zur wendischen Zeit bis 1218

2.     Die Geschichte der Bauern zur Klosterzeit 1218 – 1552

3.     Die Geschichte der Bauern zur Zeit des Domanial - Amtes Doberan 1552 – 1918

4.     Die Geschichte der Bauern zur Neuzeit 1918 – 1986

 

1.     Die Geschichte der Bauern zur wendischen Zeit bis 1218

 

Das ehemalige mecklenburger Land war im 12. Jahrhundert von slawischen Stämmen bewohnt, kurz die  „Wenden“ genannt. Sie lebten in Stammesverbänden, im westlichen Teil die Obriten, im östlichen Teil die Wilsen.  Die Warnow und die Mildenitz bildeten die Grenze zwischen diesen Stammesverbänden und zwar in unserer Gegend ein Warnowarm, der in der Nähe von Schwaan von der jetzigen Warnow abzweigte, und über Stäbelow, Hütten, Doberan, Vorder- und Hinterbollhagen kurz vor dem heutigen Kühlungsborn in die Ostsee mündete.

Die Stämme waren in Burgbezirke gegliedert,  von denen es westlich der Warnow 57, östlich davon 95 gab. Althof und das westliche Doberan gehörten zum Burgbezirk Ilow ( Bukow), Parkentin zum Burgbezirk Kessin.  Aus dieser Zeit sind streckenweise noch Straßen oder Landwege erhalten, die in ziemlich gerader Richtung auf die Burgen hinführten. Es gab eine nördlichen und einen südlichen Handelsweg, Der südlichere führte von Lübeck kommend über Burg Mecklenburg – Alt Karin – Retschow – Hastorf nach Wilsen, während der nördlichere über Bukow – Kröpelin – Stülow – Parkentin nach Wilsen ging und von dort als ein gemeinsamer Weg weiterführte Richtung Stettin – Kiew – Schwarzes Meer. Die Dörfer, die in der Urkunde von 1177 genannt werden, liegen fast alle an dem nördlichen Handelsweg.

1163 hatte Heinrich der Löwe die Wenden bei Werle endgültig besiegt und die Großfürsten Pribislaw und Wartislaw abgesetzt. Als Heinrich der Löwe sich durch eine Verschwörung; die sich gegen ihn richtete, bedroht fühlte, setzte er 1167 Pribislaw in den Burgbezirken Mecklenburg, Bukow und Kessin wieder in seine alten Rechte als Fürst ein. Durch die voraufgegangenen Kriege war diese Gegend fast menschenleer. In Helmolds Slawenchronik heißt es: „dass Pribislaw in seinem wiedergewonnenen Bereich die Burgen... wiederherstellt, in ihren Gebieten die wendische Bevölkerung wider sammelt und sesshaft mache.“ Deshalb braucht es uns nicht zu wundern, wenn Svendorf und Hohenfelde ( Domastiz und Putecha) in der Urkunde von 1177 noch nicht ausgegeben sind. Sie sind wahrscheinlich erst nach der Gründung des Klosters Althof oder Doberan durch wendische Siedler besiedelt worden. Dort hielten sich nämlich, wie auch in  Stülow, noch über Jahrhunderte wendische Flureinteilungen.

Die Wenden hatten an ihren Burgherrn Abgaben nach der im Dorf befindliche Anzahl von Pflügen oder Herdmulden zu leisten, das Markding zu besuchen sowie Heerfolge und Burgwerk zu leisten. Im Einzelnen bestanden diese Abgaben aus einem kostbaren Fell, Honig, Hafer und Weizen.

Durch Heinrich den Löwen wurden diese Abgaben in den Wendenzehnt umgewandelt. Sie bestanden 1177, als das Kloster Althof sie erhielt, aus drei wendischen Scheffeln Getreide und ein Schilling pro Hakenpflug.

Zwar waren die Zisterziensermönche durch ihre Ordensregeln angewiesen, Hand- und Landarbeit zu ihrer eigenen Notdurft zu verrichten und damit unabhängig   von den genannten Abgaben zu sein, doch auf dem Generalkonvent des Zisterzienserordens war 1174 in Citeaux wegen der besonderen Erfordernisse im heidnischen Wendenlande eine Ausnahmeregelung beschlossen worden, die die Landausstattung bewilligte. Dieses war eine etwas merkwürdige Art, dem Kloster Abgaben zukommen zu lassen, berichtet eine Urkunde von 1189.

Nicolaus Fürst der Wenden, siedelte Leute, welche ihm durch eine Anleihe nach wendischer Weise zu Diensten verpflichtet waren, auf den Dörfern des Klosters an und schenkte dieses ausgeliehene Geld und die bis zu dessen Rückzahlung schuldigen Dienste dem Kloster, so von einem Dalic 2 Mark, von Nivor 1 Mark.

Die Abgaben der wendischen Bauern wurden zur Klosterzeit dann nach Hufen berechnet. In einigen Dörfern wird die Bezeichnung „Hakelhufe“ oder „Sandhufe“ noch lange benutzt. Vermutlich sind das die ehemaligen Höfe der wendischen Bauern, deren Acker meist aus leichterem Boden bestand, den sie mit ihrem leichten hölzernen Hakenpflug gut bearbeiten konnten.

Die Häuser der wendischen Bauern waren aus Holz und Lehm gebaut und mit Stroh gedeckt. Innen befand sich ein Raum, in dem wahrscheinlich keine Unterteilung vorhanden war. Die Bauern nennt man „Kossaten“ oder „Kätner“. Ihre Kleidung und Gebrauchsgegenstände stellten sie selbst her. Das am weitestens entwickelte Handwerk war das des Töpfers, hatten doch die Slawen als erstes Volk die rotierende Töpferscheibe entwickelt.

Auch ihre Burgen und Tempelbauten galten als meisterhaft. Über die Religion der Wenden wissen wir, dass sie einen Gott über den vielen weitern  Gottheiten verehrten. Unter diesen gab es einen guten und einen bösen Gott, darunter die Hauptgottheiten der einzelnen Stämme und Burgbezirke, zu denen Radegast, Swantewitt, Goderak, Siva und andere zählten. In jeden Burgbezirk soll es einen Tempel mit einem Götzenbild ( oft mit mehreren Köpfen – 1970 in dem Tollensee ausgegraben), in jedem Dorf ein Idol eines Götzen gegeben haben.

Die Ortsnamen Parkow, Parchim und  Parkentin lassen vermuten, dass man hier den Sonnengott Parchum, Parkum oder Parketa, eine Holzstatue mit einem Strahlenkranz aus Gold um das Haupt verehrt hat.

Außerdem ordnete man jeder Tages- und Jahreszeit übernatürlichen Wesen zu. Mit diesen Göttern musste man leben, durfte sie nicht erzürnen und waren sie trotz aller Vorsicht erzürnt, musste man sie durch Kräuter- und Türopfer wieder gnädig stimmen.

So etwa müssen wir uns Land und Leute vorstellen, die die Mönche 1171 vorfanden, als sie hier in das Land kamen. Bis zur Besiedlung durch deutsche Siedler gab es zwischen dem Warnowarm, der hier vorbeifloss, der nördlichen Handelsstraße, dem Breitling und der Ostsee noch ein urwaldähnliches Gebiet, die Drenow genannt. Auch war das schon besiedeltet Gebiet hauptsächlich von Wald bedeckt, in dem die wendischen Dörfer mit ihrem wenigen Ackerland nur eine geringe Fläche darstellten.

 

Kloster Althof

 

Als die ersten Mönche 1171 nach Althof kamen, standen dort sicherlich nur die notwendigsten Unterkunftsräume bereit, zu deren Errichtung der Fürst Pribislaw verpflichtet war. Die weiteren Klostergebäude mussten die Mönche selbst bauen. Aus anderen Gegenden ist bekannt, dass die Mönche zu diesem Zweck Hilfspersonal mitbrachten. Nach Abschluss der Bauarbeiten werden sich diese Leute in der Nachbarschaft des Klosters niedergelassen haben. Wie kommt es sonst wohl schon 1180 zu einer Pfarre in Parkentin? Im letzten Jahrzehnt des 12. Jahrhundert soll Fürst Nicolaus von Rostock schon in Bistow Siedler angesiedelt haben. Die Anzahl der Althöfer Mönche war von 1171 bis 1179 von 13 auf 78 angestiegen. Auch nach dem Baubeginn des Klosters Doberan 1186 nahm die Zahl der Mönche wieder in kurzer Zeit sehr schnell zu, so dass 1209 schon ein Konvent nach Dargun ziehen konnte, um das dortige zerstörte Kloster wieder aufzubauen. Es bleibt also die Frage offen, woher also die Mönche kamen, die sowohl ins  Althöfer Kloster als auch in das Doberaner Kloster eintraten. Die offizielle  Ansiedlungserlaubnis erteilte Fürst Heinrich Borwin erst 1218. Entweder sind vor 1218 schon weitere Siedler ins Land gekommen oder aber schon aus der wendischen  Bevölkerung Männer im Kloster aufgenommen worden.

Der Ausbau des Klosters Althof und Doberan, sowie die für das wendische Land unerhörten Neuerungen durch die Ziegelei, die Glashütte und die Karpfenteiche  trugen sicher wesentlich dazu bei, dem Kloster Zulauf aus der Bevölkerung zu beschaffen. Da die drei genannten Einrichtungen ja zwischen Althof und dem Hütter Wohld liegen, vermute ich, dass sie schon zur Althöfer Klosterzeit angelegt wurden. Sonst hätte man sie sicher näher bei dem Kloster Doberan errichtet.

 

 

2.  Die Geschichte der Bauern zur Klosterzeit 1218 – 1552

 

Nach Fürst Nicolaus’ Tod eröffnete Fürst Borwin 1218 das Land der Einwanderung. Er lud „von nah und fern christliche Siedler ein“, sich in dem „menschenarmen und dem Dienst der Domänen ergebenen Lande“ anzubauen. In erster Linie mögen es wirtschaftliche Gründe gewesen sein, die ihn zu diesen Schritt  bewogen, die Hebung der Kultur des Landes durch den tüchtigen deutschen Bauern, für den bei der Spärlichkeit der wendischen Bevölkerung ja Raum genug zur Verfügung stand, ohne diese prinzipiell zu verdrängen, aber daneben standen sicherlich auch christliche Motive. Ihnen wurde eine völlig freie Ausübung ihres Gewerbes bewilligt, ganz gleich, welchem Gewerbe sie nachgingen, und sie erhielten dieselbe Zusage der Freiheit von Abgaben und anderen Dingen wie sie auch die Klosterleute erhalten hatten. Dadurch wurden dem Kloster die tüchtigsten Leute aus allen Gegenden zugeführt. 

Es begann eine unwahrscheinlich intensive Besiedlung des mecklenburgischen Landes. Innerhalb der ersten vierzig Jahre entstanden 120 Kirchspiele, d.h. zu einem Hauptdorf gehörten 9 bis 15 kleinere Dörfer. 1335 war die Besiedlung im Großen und Ganzen abgeschlossen. Die Siedler kamen aus den verschiedensten Gebieten westlich der Elbe, so in der Doberaner Gegend aus Westfalen, Friesland, Niedersachsen und auch aus Schleswig Holstein. Jede Siedlergruppe wurde von einem Lokator angeführt, der sie von ihrer ehemaligen Heimat in das Siedlungsgebiet brachte. Die neu gegründeten Ortschaften benannte man nach den Lokatoren: Dietrichshagen, Lambrechts-, Sievers-, Steffenshagen, Behrings- (Barges-), Bertrams- (Bartens-) hagen u.s.w. Diese Lokatoren waren vermutlich auch die ersten Dorfschulzen, zunächst „magister indaginis“, zu Deutsch „Hagemeister“ genannt. Diese Bezeichnung finden wir nur in den Hagendörfern des Klosters Doberan. Die Lokatoren hatten vermutlich das Recht, ihr Anwesen anders als die übrigen Dorfbewohner anzulegen, nämlich auf einen aufgeschütteten Turmhügel ein turmähnliches Gebäude zu errichten (genannt „Motte“). Sie heben sich noch heute auffällig von der Umgebung ab und haben in der Nähe eine Mulde, aus der die Erde zum Aufschütten genommen worden war. Einige dieser Lokatoren finden wir wahrscheinlich in den vielen Rittern des 13. Jahrhunderts wieder. 

Die Dörfer wurden  von den Siedlern entweder durch Rodung neu angelegt, dazu zählen die Hagendörfer, oder es wurden die wendischen Dörfer erweitert, z.B. Parkentin u.a. mit wendischen Namen. Aus der Besiedlung anderer Gegenden geht hervor, dass man die Dörfer zu 24 kleineren Bauernstellen, also Familienbetrieben anlegte, in der Größe von ca. 30 Morgen. Dass die Anzahl der Bauernstellen bis 1552 oft erheblich zurückging (Wilzen: von 26 auf 9, Bastorf: 20 =>12; Kritzmow: 16 =>9) führt Dr. Barnewitz auf eine Umrechnung minderwertiger Hufen als Ausgleich an vollwertige zurück. Aber auch in den Hagendörfern muss die Anzahl der Hufen abgenommen haben, wenn wir hier ursprünglich 24 Hufe zugrunde legen. Meines Erachtens sind Hufe zusammengelegt worden, als es zu wenig Bauern gab. Seuchen, Kriege und auch die Raubritterzeit werden dazu beigetragen haben, die Einwohnerzahl der Dörfer zu verringern.

Im Jahr 1312 unternahmen die Rostocker einen Raubzug gegen die Doberaner Klosterdörfer. Die Klage auf Schadensersatz lässt uns einen genauen Einblick in die damaligen Verhältnisse tun. Familiennamen, die ja erst gegen Ende des 14. Jahrhunderts gefordert wurden gibt es 1312 in Parkentin und Bartenshagen: Westual, Proceke, Wigaut, Canzer, Kelling, Weddere, Diues, Nikolay, Glashagen; in Rethwisch : Leghede, Soch, Perleberch, Terich, Svederi, in Satow: Coco, Putclot in Allershagen:  2 mal Hagemester, in Wilzen: Selendorp, Melving, Benten, Nigebuer, Bernardi, Gurowe, in Stäbelow : Burmester, Nygenhusen, Longus, Marquardeshagen, Crul, Wittink, in Kritzmow: Longe, Lupo, in Bollhagen: Holzatia, Billerbeck. Berufe, die in diesem Register auftauchen sind: Müller oder Bäcker, Schmied, Hagemeister oder Buermeister, Wagenmacher, Hofmeister, Hütterer, Küster, Schnitter. Sonst sind nur die Vornamen angegeben: Wilhelmus, Johannes, Wolther, Gherhardus, Conradus,  Hermanni, Henning, Jacob, Wolpertus, Petrus, Hinricus, Vicko, Gheroldus, Fredericus und Peter. Auch Frauennamen sind aufgeführt: Christina, Ghertrudis, Margareta und Mechthildis.

Bei dem geraubten Gut handelt es sich um Pferde, Kühe, Schafe, Schweine, Werkzeug, Lanzen, Geld und sogar um ein Gewand im Wert von einem Talent ( also ca. 240 Mark ( DDR – Mark ) ). In Bartenshagen wurden 19 Pferde, 109 Kühe, 206 Schafe und 59 Schweine geraubt. Davon hatte ein Bauer 15 Kühe, ein anderer 36 Schafe, wieder ein anderer 7 Pferde, ein weiterer 12 Schweine verloren. Dieses sind für die damaligen Bauernhöfe von 30 Morgen Land ganz beträchtliche Viehbestände gewesen.

Auffallend ist, dass der Dorfschulze und der Müller in Parkentin anders bezeichnet werden als in Bartenshagen. Auch bei der plattdeutschen Bezeichnung des Bechers gibt es noch heute von Dorf zu Dorf Unterschiede: Während man in Bartenshagen „Pott“ sagt, nennt man ihn in Bargeshagen „Köppen“  und in Admannshagen „Kumm“. Dieses ist auf jeden Fall ein Hinweis auf die verschiedenen Gegenden, aus denen die Siedler kamen.

Die Klage auf Schadensersatz 1312 hatte Erfolg, denn es gab Erstattung. (In welcher Form und Höhe geht aus diesem Text nicht hervor) Sicher waren die Siedler ursprünglich als freie Bauern ins Land gekommen und waren zunächst abgabenfrei, wie diese Freiheit währte, ist leider für unsere Gegend nicht genau nachzuweisen. Dann mussten sicher auch die Bauern „Bede“, d.h. Abgaben an das Kloster, entrichten. Diese Bede bestand aus dem 10. Teil der Getreideernte, sowie zunächst 8 Tagen im Jahr Hand- und Spanndienst für das Kloster. So werden z.B. die Bauern für den Bau des Doberaner Münsters Baumaterialien herangefahren haben. Die wendischen Bauern hatten entsprechen ihrer kleineren, minderwertigen Hufen weniger an Abgaben zu leisten und auch nur Handdienste. Damit die Hufen niemals nachgemessen oder neu vermessen werden sollten, bezahlten z.B. die Brusower Bauern 1283 extra 35 Mark Denare gewöhnlichen Geldes an das Kloster.

In Laufe der Zeit wurden die Abgaben trotzdem erhöht. So mussten die Bauern im 16. Jahrhundert außer dem Kornzehnt auch vom Vieh und Flachs den 10. Teil geben. Auch verlangte der Landesfürst nach und nach Abgaben für sich, jedoch nicht von den Kossaten. Die Krüger zahlten „Tappelgeld“, d.h. entweder 4 Mark oder 2 Tonnen Bier an das Kloster ( Krüger: Wirt) Die Naturalien löste man stellenweise durch Geldzahlungen ab. Durch das Trockenlegen von Sümpfen kam das „Wischgeld“ dazu. In Wendendörfern hört man nichts davon, dort waren ja nicht die Voraussetzungen zur Gewinnung von Wiesen gegeben. Pflug-, Wagen- und Fußdienste hatten die Bauern schließlich 26 Tage in Jahr für das Kloster zu leisten, d.h. zur Zeit der Ackerbestellung , der Saat und der Ernte pro Woche ein Tag.

Von den Klosterhöfen, die die Mönche selbst angelegt und bewirtschaftet hatten, wurden manche später wieder aufgesiedelt und von Meiern oder Bauern übernommen. Auch umgekehrt kam es vor. So war zum Beispiel Rabenhorst 1297 noch ein reines Bauerndorf, 1312 Klosterhof. 1552 befinden sich dort drei Meiereien. Dagegen sind Rethwisch und Vorderbollhagen als Klosterhöfe ursprünglich gegründet, 1312 finden wir in Rethwisch einen Hof, in Vorderbollhagen zwei Höfe, in Hinterbollhagen einen Hof, der durch wüste Hufen entstand. 1552 gibt es in Hinterbolhagen einen Hof und einen Meier.

Meiereien gibt es erst seit 1500. Sei hatten die Größe von ca. drei Bauernhufen. Die Meier rechnete man im Klostergebiet von Doberan durchweg zu den Bauernfamilien. Als Abgaben hatten sie entweder eine feststehende Geldpacht zu entrichten oder die 3. bzw. 4. Garbe an das Kloster zu liefern. Alle zwei Jahre mussten sie ein Werk Salz fahren von Sülze oder Lüneburg nach Doberan und auch Mühlsteine für das Kloster transportieren. In ihren Verträgen fehlte das Erbrecht, sie konnten bei Untüchtigkeit abgesetzt würden, zeitweise waren sie auch Pächter auf Lebenszeit. Dagegen hatten die Bauern ein beschränktes Eigentumsrecht an ihren Stellen, sie vererbten ihre Stellen regelmäßig an ihre Kinder weiter. Im Falle der Legung wurden sie entschädigt, möglichst durch anderweitige Ansiedlung. Das Recht, ihre Stellen zu verkaufen, hatten sie scheinbar nicht gehabt. Sie konnten zu dieser Zeit jedoch noch Mitglieder städtischer Gilden sein. Der Acker des Müllers in Bartenshagen hieß in späteren Zeiten noch „Gildenacker“.

Das Gerichtswesen dieser Zeit wurde folgendermaßen geregelt: Es gab das „niedere“ und das „höhere“ Gericht. Die niedere Gerichtsbarkeit umfasste Delikte, für die Strafgeld im Wert von bis zu 60 Solidi erhoben werden konnte, nach unserem Geld ca. 24 bis 30 Mark. Das war damals der Wert von 8 bis 9 Kühen. Dieses niedere Gericht stand während der Klosterzeit ständig dem Kloster zu, zuweilen auch das höhere Gericht, das allerdings überwiegend der Landesfürst für sich beanspruchte.

Zur Landesverteidigung war das Kloster und mit ihm die Klosterbauern nur z.T. verpflichtet. Wenn dann binnen drei Tage kein Feind zu sehen war, konnten sie wieder nach Hause gehen.

Das Kloster Doberan war im Übrigen nicht an Provinzial- und Generalbeschlüsse des Landes gebunden. Beschlüsse trafen die drei Stände (Fürsten, Städte, Gutsbesitzer) auf ihren Landtagen, die alle zwei Jahre abwechselnd in Malchin und in Sternberg stattfanden. Das Kloster genoss Zollfreiheit, die Freiheit der Niederlassung, des freien Handels und Gewerbes für sich und seine Untertanen. Das Kloster entschied auch, ob die Bauern bei der Errichtung von Städten, Burgen, Brücken, Dämmen usw. mitwirken sollten oder nicht, Arbeiten, zu denen sonst jeder Untertan der Landesfürsten verpflichtet war.

So kann man zusammenfassend feststellen, dass es den Klosterbauern zur Zeit des Klosters Doberan verhältnismäßig gut ergangen ist, ausgenommen die Kriegs- und Seuchenzeiten oder Feuersbrünste.

Auch für diese Klosterbauern galt, was allgemein den Klosterbauern in dem zu 25 % von Klöstern bewirtschafteten Mecklenburg nachgesagt wurde: „Unter dem Krummstab ist  gut leben!“

 

  1. Die Geschichte der Bauern zur Zeit des Domanial – Amtes Doberan in der Zeit von 1552 bis 1918

 

 

Mit der  Auflösung des Klosters Doberan als Folge der Reformation in Mecklenburg beginnt die Geschichte des Domanial – Amtes Doberan. Die Ländereien und mit ihnen die Bauern des Klosters übernahm der damalige Herzog Johann Albrecht. 1557 richtete er als Verwaltungsbehörde für die Abgaben und Dienste der Bauern das sogenannte Domanial – Amt Doberan ein.

Während die Kinder der Bauern nach der Polizeiordnung von 1516 noch in die Städte abwandern durften, wenn die Bewirtschaftung der elterlichen Stelle weiterhin gesichert war, so bestimmte die Polizeiordnung von 1572 schon, dass weder Knecht noch Magd in die Städte abwandern durften. Durch die Neuregelung der Abgaben und Dienstleistungen erhöhten sich die Spanntage der Bauern von einem Tag in der Woche auf drei Wochentage. Diese Bauerndienste wurden auf die einzelnen herzoglichen Höfe, die Domänen aufgeteilt. So hatte der Kammerhof die Dienste von 43 Bauern und 38 Kossaten zu beanspruchen.

Ein Beschluss von 1621 verlangte von den Bauern, dass  sie ihr Besitzrecht an ihren Höfen urkundlich nachweisen sollten. Andernfalls konnte der Grundherr ihnen ihre Höfe fortnehmen und an andere Bauern verpachten. Da man in den früheren Jahrhunderten nur aus besonderen Anlässen wie Verkauf, Schenkung u.ä. Urkunden auszustellen pflegte, so hatte kaum einer der Bauern die entsprechende Urkunde. Auch waren viele Urkunden durch Brand o.ä. verlorengegangen. In den Dörfern um Doberan hatte jedenfalls kein Bauer die geforderte Urkunde. Damit verloren sie alle ihr Besitzrecht an ihren Höfen und sanken zu Pächtern herab.

Während in den Gutsdörfern das Bauernlegen jetzt im großen Stil betrieben wurde und die Bauern als Tagelöhner auf ihren ehemaligen Äckern für die Gutsherren arbeiten mussten, waren der Herzog und seine Beamten daran interessiert, die Bauerndörfer als solche zu erhalten. Von 1552 bis 1800 haben sich im Amt Doberan immerhin 50 Familien auf denselben Höfen erhalten.

Die rechtliche Lage der Bauern verschlechterte sich bei der großen Abhängigkeit jedoch immer mehr. Durch den Dreißigjährigen Krieg verloren sie fast alles, so dass sie ohne Arbeitskräfte, Wirtschaftsgebäude und Viehbestand dastanden. 1644 hatte das Doberaner Amt seinen Tiefststand erreicht. In Bertramshagen sollen nur noch 7 Menschen gelebt haben, die sich im Bruch versteckt hielten. Der Bauer Barten, am Kriegsende schon 59 Jahre alt, nahm den Aufbau des Dorfes in die Hand. Daher der Name Bartenshagen. Viele Bauern waren aber in die Städte geflohen. Man holte sie zwangsweise zurück aufs Land, auf die Höfe. Es gab sogar Unterstützungen. Trotzdem fehlte es an Menschen, um alle Höfe wieder besetzen zu können. 1694 gab es in Parkentin noch 4 kleine, in Bartenshagen noch eine wüste Stelle. Um die wüsten Stellen mitbewirtschaften zu können, wurden die Bauern zur gemeinsamen Bewirtschaftung der Äcker und zur gemeinsamen Nutzung der Viehweiden gezwungen. Diese Kommunenwirtschaft hielt sich noch bis 1800. Die Victualordnung von 1654 regelte dieses alles und machte die Bauern zu Leibeigenen. Damit befinden wir uns in der dunkelsten Zeit der Geschichte unserer Bauern.

Es sind Schriftstücke dieser Zeit enthalten, aus denen hervorgeht, wie es bei Eheschließungen zwischen freien Menschen und leibeigenen Untertanen gehandhabt wurde. Stets musste der freie Partner unterschreiben, freiwillig in die Leibeigenschaft zu gehen, auch dass seine Kinder sich nicht anmaßen dürften, sich auf die Freiheit des Vaters oder der Mutter zu berufen.

Die Kossaten, meist nebenberuflich Handwerker, traf 1748 ein besonders schwerer Schlag: Die Rostocker Gilden hatten beschlossen, dass nur noch in der Stadt Handwerk und Gewerbe ausgeübt werden dürfen, auf dem Lande wurde es durch diese Anordnung verboten. Das Handwerkszeug zogen sie auf dem Lande ein, und verschlossen es in Rostock. 1623 hatte es in Parkentin noch außer dem Schmied zwei Rademacher, drei Müller, zwei Leineweber und einen Schneider gegeben, auch sogar zwei Krüger. Als einziges Handwerk blieb in Parkentin das Schmiedehandwerk erhalten, der Schmied war sich jedoch den Angriffen der Rostocker bis ins 19. Jahrhundert hinein ausgesetzt. Das Doberaner Amt wollte diese Schmiede erhalten und setzte sich auch durch.

Nach dem 30 jährigen Krieg zog man die Bauern und Kossaten an allen sechs Arbeitstagen zur Fronarbeit heran, um damit den Mangel an Arbeitskräften auszugleichen. Dieses war eine übermäßige Belastung der bäuerlichen Wirtschaft, die praktisch nur noch von den Alten und den Kindern und an Sonntagen aufrecht erhalten werden konnte. In einem Bericht über die Hofdienste im Amt Doberan heißt es 1709 etwa wie folgt: Die Bauern haben jetzt vier Tag mit dem Vieh, einem Tag mit der Hand zu Hofe zu dienen. In der Ernte ist hinfort die ganze Woche hindurch zu dienen, ebenso in der Heuernte. Beim Roggen hat der Bauer, bis das Hocken erledigt ist, in der Ernte mit zwei Mähern und zwei Bindern zu dienen, sonst mit drei Personen. Kinder durften überhaupt nicht geschickt werden. Die Dienste beginnen im Sommer um 7 Uhr, im Winter um 8 Uhr, im Sommer bis Sonnenuntergang, im Winter bis zur Abenddämmerung. In der Ernte beginnen sie mit dem Sonnenaufgang und dauern bis zum Beginn der Dunkelheit. An Pausen gibt es um 9 Uhr und um 5 Uhr je eine halbe Stunde um Mittag eine Stunde. Beim Mistfahren gibt es für den Spanndienst zwei, für den Haudienst eine Stunde Mittagspause. Bei Regen eggen die Männer, die Magd lässt sich auf dem Hofe gebrauchen. Der Bauer hat acht, der Kossat vier Pfund Heede zu spinnen, sonstige Extradienste bleiben bestehen wie Schafscheren, Hopfenpflücken, und dergleichen. Alles ohne Lohn zu erhalten.

Über diese Zeit schrieb H. Witte in „Kulturbilder aus Alt-Mecklenburg“: “.... es kam zu drohenden Zusammenrottungen der Arbeiterhaufen, zu wilden Verzweiflungstaten einzelner. Wagenrungen, Hacken und Spaten vollendeten rasch ihr schauriges Werk und mancher fürwitzige Schreiber, der an der Pein der Geplagten sein Mütchen zu kühlen dachte, ist mit eingeschlagenem Schädel auf dem Felde liegengeblieben.“ – Barnewitz berichtet von einem Vogt, der neben den Bauern beim Pflügen herritt und verlangte, dass sie so schnell pflügen sollten wie er ritt. Von einem Bartenshäger Bauernsohn namens Hagemeister berichten alte Akten, dass er sich mit dem Amtmann während des Roggenmähens angelegt hatte. Da die Mägde des Kammerhofes beim Brotbacken waren, sollten die Bauernmägde das Korn hinter den Knechten des Kammerhofes mit aufbinden, zusätzlich zu dem Korn, das die Bauernknechte mähten. Hagemeister hatte dem Mädchen, das das Korn hinter ihm zu Garben band, davon abgehalten, dieses andere Kornbinden mitzumachen. Daraus entspann sich ein großer Streit. Als der Amtmann Hagemeister schlagen wollte, soll dieser sich mit der Sensen gewehrt haben. Als der Amtmann ihn dann gefangen nehmen wollte, schlug Hagemeister mit der Sense um sich, bis die Wachen ihn mit ihren Gewehrkolben gleichzeitig auf die Sense und ins Kreuz schlugen. Er wurde in Ketten gelegt, Hagemeister, Sievert und Levzow arretiert, Trempe lief weg. Am anderen Morgen zogen alle statt zur Arbeit zum Amt und forderten die Freilassung der Inhaftierten. Dabei wurde dann auch Trempe festgenommen. Die anderen nahmen ihre Arbeit erst mit einer Stunde Verspätung auf. Die drei Knechte bekamen zwölf Peitschenschläge zur Strafe und waren vom 12. bis zum 31. Juli 1765 in Haft. Während der zwanzigjährige Hans Jochim Hagemeister 25 Peitschenschläge erhielt und anschließend vier Wochen Karreschieben in Dömitz, eine Strafe, die ein Gutsbesitzer nur erhielt, wenn er einen Untertanen erschlagen hatte. Bei seiner Entlassung musste Hagemeister versprechen, sich nicht rächen zu wollen. Hatten die Bauern einen Aufseher erschlagen, so blieb ihnen nur noch die Flucht über die Grenze. Bis 1774 flohen 739 Bauernfamilien aus Mecklenburg in den Netzebruch, wo Friedrich II. von Preußen sie ansiedelte. Trotz vieler Verhandlungen zwischen Vertretern der Mecklenburgischen Regierung und Friedrich II. blieben die geflohenen Bauern dort. Als um die Mitte des 18. Jahrhunderts die damalige russische Regierung zur Ansiedlung im Gouvernement Astrachan aufforderte, gewannen die Auswanderungen durch mecklenburgische Leibeigene solche Ausmaße, dass die Ritterschaft das Einschreiten der Landesregierung dagegen forderte. In den Auswanderungsverboten von 1760 bzw. 1763 heißt es: ....sondern auch ganze leibeigene Familien, die doch nach unseren Landesrechten ihrer Leiber nicht mächtig sind, selbst mit der ihnen nicht zuständigen Hofwehr sich ihrer Herrschaften entzögen und heimlich entwichen,  mithin, dafern diesem Unwesen nicht auf das Nachdrücklichste gesteuert würde, eine Entvölkerung unserer ohnehin von Menschen sehr entblößten Lande und die Zugrunderichtung aller Landbegüterten zu besorgen wäre...“

Auf Landesflucht und Dienstverweigerung stand nach der Victualordnung von 1654, die bis in das 19. Jahrhundert Gültigkeit besaß, unter Umständen die Todesstrafe. Nun muss man wissen, dass von den Bauernsöhnen  immer nur einer den Hof übernehmen konnte, weil die Höfe nicht geteilt werden durften. Die anderen Söhne mussten aus Knechte bei ihrem Bruder arbeiten, es sei denn, sie konnten in einen anderen Hof einheiraten. Bei den Töchtern war es ähnlich. Unter den Auswanderern befanden sich eine große Anzahl solcher Bauernsöhne, die nicht die Knechte ihres Bruders sein wollten. Um die Auswanderungswelle zu stoppen, erteilte der Herzog am 14.3.1753 die Erlaubnis zur Ansiedlung von Büdnern.  Sie erhielten zunächst nur Haus- und Gartenplätze, noch keinen Acker. Im ältesten Büdnerbrief von Bartenshagen wird 1765 der Kossate Claus Fincke genannt, der eine Büdnerstelle von 100 Quadrat - Ruthen zu bebauen sich entschlossen. In Parkentin gehören 1847 zu einer Büdnerei 987 Quadrat – Ruthen Land. Die ehemaligen Kossatenstellen werden um 1850 nicht mehr erwähnt, scheinbar sind sie schon unter den Büdnereien zu finden.

Die Missstände der Leibeigenschaft hinderten auch wesentlich die Entwicklung des Dorfschulwesens. Dorfschulen waren schon seit der Reformation gefordert worden. Sollte es vor dem 30jährigen Krieg schon hier und dort einige gegeben haben, so waren sie doch durch diesen Krieg wieder zunichte gemacht worden. Von Bargeshagen wissen wir allerdings, dass es dort 1656 eine Schule gegeben hat. Dorthin mussten die Doberaner Schüler nämlich vorrübergehend zum Schulunterricht gehen, als es in Doberan wohl gerade keinen Lehrer gab. Ein Lehrer bekam pro Kind einen Sechsling in der Woche. Schule hielt man jedoch nur im Winterhalbjahr. Dieses geringe Schulgeld konnten die notorisch Armen jener Zeit nicht immer aufbringen, so dass die Gemeinden von den gottesdienstlichen Kollekten einige zu einem Fond bestimmten, um diesen Kindern den Schulunterricht zu ermöglichen. Ein wunder Punkt war der Beginn der Winterschule. Die Landschulordnung von 1771 bestimmte den Michaelistag (29.Sept.) dazu, während von früher her der Martinstag (11. Nov.) der erste Schultag war. Die Kinder der Armen mussten oft schon im Alter von fünf, sechs oder sieben Jahren ihren eigenen Lebensunterhalt verdienen indem sie Kleinvieh hüteten. Wenn sie schon zu Michaelis mit dem Hüten aufhören mussten, wollte sie niemand einstellen, da ja die Hütezeit noch nicht beendet war.

Damit wären ihnen diese Verdienstmöglichkeit versagt geblieben, und ihre Existenz noch mehr bedroht als sonst. H. Witte nennt als mögliche Verbesserung dieses Missstandes, dass sich der Kunstfleiß in den Städten hebt und dem niederen Volk für seine müßigen Stunden Nebenarbeiten und mäßigen Verdienst verschafft, auch könnte man ihnen etwas Land geben. Wenn man nach und nach in Mecklenburg hiermit anfinge, so steht zu hoffen, dass in 20 Jahren unsere niedrigste Volksklasse in einer so glücklichen Lage ist, als vielleicht in keinem Lande Europas.

Es hat lange gedauert, bis die Winterschule schon Michaelis begann, bis in das 19.Jahrhundert hinein war Schulbeginn oft erst zu Beginn des Jahres und zu Pfingsten hörte die Winterschule schon wieder auf. In manchen Dörfern wollten die Bauern sowieso  nichts von der Schule wissen. Die Bartenshäger hatten sich bis 1783 gegen die Errichtung einer Schule gewehrt. Durch die Neuvermessung der Ländereien im Amt Doberan, die im 18.Jahrhundert durchgeführt wurde, erhöhten die Beamten die Pachtzahlungen, sagten den Bauern jedoch nichts davon, als diese die Verträge unterzeichneten ( mit drei Kreuzen ). Als die Zahlung fällig war, staunten die Bauern nicht schlecht, als es hieß, die Summe stimme nicht. Sie ließen sich den Vertrag durch einen des Lesens und Schreibens fähigen Mann vorlesen und merkten nun erst, dass die Beamten ihre Unkenntnis absichtlich ausgenutzt hatten. Das war dann der Anlass zur Errichtung der Bartenshäger Schule im Jahre 1783.

Nicht alle herzoglichen Beamten hießen die damaligen Zustände gut. H. Witte beschreibt den Zustand der Bauern, die wohl Land hatten, aber trotzdem sehr ausgenutzt wurden, wie folgt: Durch die Kommunionswirtschaft ist der Bauer gezwungen, eben die Zahl von Vieh zu halten, die die übrigen für gut finden, um mit den Mitwirkenden die gleiche Abnutzung der Weiden zu genießen. Er lebt also getrost darauf los in der Erwartung, dass ihm nicht mehr auferlegt werden kann, als er zu tragen imstande ist. Würde er besser wirtschaften, so würde auch mehr von ihm gefordert, mithin sein Zustand nicht verbessert werden. Das war es doch wohl, was die Tatkraft unseres Bauernstandes in der verderblichsten Weise gelähmt, ihn mit zwingender Notwendigkeit erzogen hatte, dass er durch so viele Jahrhunderte und auch noch nach der Regulierung das Bewusstsein mit sich herumtrug, dass selbst der größte Fleiß seine Lage nicht bessern würde, weil es niemals er und seine Kinder, sondern immer nur andere waren, denen sein Fleiß zugute kam.

Damit war eine Steigerung des Ertrages der Bauerndörfer ganz ausgeschlossen, wenn man nicht endlich mit dem System der Leibeigenschaft brach.

Auf dem Darß hatte man begonnen, den Hofdienst durch eine Geldzahlung abzulösen. Die jetzt neu zur Verfügung stehende Zeit, hatten die Darßer zum Fischfang und zu Schifffahrt genutzt und es zu einem geringen Wohlstand gebracht. Dieses positive Experiment empfahl besonders der Amtshauptmann Maneke im Schwaaner Amt zur Nachahmung. 1763 lösten die Doberaner Beamten ebenfalls den Hofdienst durch eine Geldzahlung ab. Die Bartenshäger Bauern begannen nach dem Vorbild der Darßer Bauern mit Rostocker Kapitänen zu handeln. Sei rüsteten Schiffe mit Proviant aus und wurden am Gewinn beteiligt. Die Lage der Bauern besserte sich erstmals ein wenig. Die Leibeigenschaft bestand jedoch weiter und mit ihr Abgaben und Extradienste. Kam ein Bauer seinen Verpflichtungen nicht nach, so wurde er abgesetzt und sank auf die niedrigste soziale Stufe herab, d.h. er wurde Einlieger und musste als Tagelöhner bei anderen Bauern arbeiten. Von einem Biestower Bauern wissen wir, dass er als Soldat an eine Offizier verkauf wurde, weil er seine Wirtschaft verlottern ließ. Auch wenn ein Bauer seines Alterns wegen seine Hofstelle nicht mehr bewirtschaften konnte und keine Kinder hatte, so hieß es: Es fehlt nicht an jungen Leuten, wenn die alten nicht mehr können, kann man die Höfe umbesetzen. So zwangen die Doberaner Beamten den Knecht Claus Steußloff  zur Übernahme einer Hofstelle in Parkentin, indem sie ihn so lange ins Gefängnis sperrten, bis er dazu bereit war.

Eine andere Art von Diktatur finden wir in der sogenannten Konservierung. Wenn ein Bauer gestorben war und es keinen Sohn gab, der den Hof übernehmen konnte, so setzte man einen Interimswirt an seine Stelle, der die Witwe oder eine erwachsene Tochter zu heiraten hatte. Dadurch erklärt sich, dass auf Kontributionslisten die Frauen manchmal bis zu 20 Jahre älter sind als die Männer. Wenn der Interimswirt sich jedoch absolut nicht mit der Witwe vertragen konnte, versetzte man ihn eben an eine andere Stelle. Es sind aber auch Fälle bekannt, wo man sich schon einig war, bevor die Beamten etwas unternommen hatten. Das wurde dann meist akzeptiert.

Seit der Ablösung des Hofdienstes wuchs allmählich das Selbstbewusstsein der Bauern. Aus der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts sind viele Akten erhalten, die von der Widersetzlichkeit der Bauern berichten. Die Beamten nahmen sich die Bauern einzeln vor, um herauszubekommen, wer der Anstifter zum Ungehorsam war. Wurde der Anstifter ermittelt, bekam er die meisten Schläge, die übrigen Bauern entsprechend weniger. In den meisten mit bekannten Fällen schwiegen alle einmütig, so dass dann der Dorfschulze die Schläge einstecken musste.

Wenn wir die Entwicklung im Domanialgebiet mit der im ritterschaftlichen Gebiet am Ausgang des 18. Jahrhunderts vergleichen, so nimmt sie im Domanialgebiet jetzt doch allmählich positivere Züge an. Neben den günstigeren Baubestimmungen und der Ablösung des Hofdienstes durch Zahlung von Dienstgeld ist es vor allem die Landvermessung, die einschneidende Veränderungen mit sich bringt. Nach mündlicher Überlieferung musste ein Bauer 300 Goldtaler vorweisen können, wenn er bei der Neueinteilung der Hufen einen ausgebauten Hof bewirtschaften wollte. Man teilte um 1800 also die Äcker so ein, dass jeder Bauer möglichst kurze Wegstrecken zu seinem Acker zurückzulegen hatte. So entstanden die Flureinteilungen, die bis zur Kollektivierung der Landwirtschaft üblich waren, mit den vielen Ausbau – Höfen.

Zu den unbedingt positiven Ereignissen gehört dann zweifellos die Entlassung aus der Leibeigenschaft. Herzog Friedrich Franz I. wollte schon 1808 damit beginnen, kam jedoch in der Ständeregierung nicht durch.  Erst 1820/21 einigten sich die Hauptverantwortlichen in Mecklenburg. In Bartenshagen existieren heute noch vier Urkunden von 1815, die bezeugen, dass Friedrich Franz I. die Bartenshäger schon eher entließ. Der Grund ist vielleicht, dass sie ihren Herzog einmal aus dem Gefängnis befreiten. Friedrich Franz I: war in Schleswig Holstein zur Jagd gewesen und hatte bei anschleißenden Feiern in Altona Schulden gemacht. Einen seiner Jäger soll er dann nach  Bartenshagen geschickt haben mit der Bitte, die Bauern möchten ihm die benötigte Summe doch vorschießen, wegen der man ihn gefangen hielt. Aus Dankbarkeit für diese Hilfe veranstaltete er am letzten Tag des Volksfestes im August, das man anlässlich seiner Rückkehr aus Altona am 10.7.1807 feierte, das zur Tradition gewordene Bauernrennen.

Gekoppelt mit der Entlassung aus der Leibeigenschaft war der Erwerb der Gebäude und des Inventars. Die Summe, die dem Bauern Heinrich Havermann dafür abverlangt wurde, betrug 1379 Rth, 7Schilling. Erst 1867 konnten die Bauern beginnen, ihren Acker zurückzukaufen, als die Vererbpachtung eingerichtet wurde. Es dauerte noch bis 1920, bis man ihnen den Rest der Rückkaufsumme erließ. Wurden sie bis dahin Baumann, Hausmann oder Erbzinsmann genannt, so bezeichnete man sie jetzt als Erbpächter. Vier Mal im Jahr hatten sie Pacht zu zahlen, versäumten sie es drei Mal, verloren sie Haus, Hof und ihr persönliches Habe. In einem Pachtvertrag von 1815 heißt es u.a.: Die Höhe des Pachtgeldes bleibt bestehen, auch wenn der Kornpreis fällt, sie steigt jedoch mit Steigerung des Kornpreises. Alle anfallenden Baureparaturen gehen zu  Lasten des Pächters. Alle Unglücksfälle, gewöhnliche und ungewöhnliche, gehen zu Lasten des Pächters. Er muss alle Lasten tragen, als wäre der Hof sein Eigentum. Er muss einen Jagdhund ausfüttern, sonst jährlich 1 Rth. zahlen. Er muss an die Armenkasse jährlich 2 Rth. Entrichten. Er ist zur Mithilfe bei großherrschaftlichen Bauten verpflichtet, aber nicht mehr als 16 Spanntage, er erhält pro Tag 1 Rth. Auf Verlangen der Behörde ist er verpflichtet, vier Badefuhren jährlich nach Heiligendamm gegen Bezahlung des üblichen Fuhrlohnes zu leisten. Die Veräußerung des Hofes ist verboten, der Besitz mehrerer Erbzinsgrundstücke ist nicht gestattet.

Im Laufe des 19. Jahrhunderts kommen dann noch neu auf das Dorf: Industrieschulen, Entwässerung der Äcker, Obstbau, Veredelung der Viehzucht, Versorgung der Hebamme, Bereitschaft jedes Bauern o. Büdners das Amt des Dorfschulzen zu übernehmen, Obmann der Feuerschau oder Jurat zu werden. Seit ca. 1850 baute man die ersten Häuser aus Stein auf dem Lande. Damit nahm die Brandgefahr in den sonst strohgedeckten niederdeutschen Bauernhäusern soweit ab, dass der bis dahin gültige Löschzwang durch die Gründung freiwilliger Feuerwehren abgelöst werden konnte. 1867 kamen durch die Gewerbefreiheit auch wieder die ersten Handwerker auf das Land wie Schmiede, Müller, Schuster, Schneider.

Das Scheitern der Revolution von 1848 hatte eine erneute Landflucht zur Folge. Jetzt wanderte man nach Amerika aus. Dieses Mal versuchte man von Seiten der Domanialämter die Abwanderung durch die Genehmigung zum Bau von Häuslereien zu stoppen.  Als Bauplatz boten sich die kleinen Flächen an, die zunächst durch den Bau der jetzigen Bundesstraße 105 im Jahre 1848 und auch durch den Bau der Bahnlinie Wismar – Rostock (1883) entstanden waren. Die Häusler waren meistens Handwerker. Ein Maurer - Meier aus Bs. lief zum Beispiel täglich auf Holzpantinen nach Rostock hin und zurück, um sein Brot beim Bau der Kasernen zu verdienen.

Auch das römische Recht, das im BGB von 1896 seinen ersten konkreten Niederschlag fand, setzte sich allmählich durch. Das mag folgendes Beispiel verdeutlichen: Ein Junge aus der Parkentiner Gemeinde sollte beim Schulzen Trost in Allershagen  Kühe hüten. Dabei schlief er jedoch ein, wurde von Trost ertappt, und arg verprügelt. Trost verbot dem Jungen nach Hause zu gehen. Dieser lief jedoch heimlich fort und seine Eltern zeigten den Schulzen wegen Misshandlung beim Doberaner Amtsgericht an. Der Schulze wurde zu 300 Goldtaler Schmerzensgeld verurteilt. Als er dem Gericht das Geld vorgezählt hatte, raffte die Mutter des Jungen ihre Schürze zusammen und strich die Goldtaler hinein. Der Schulze stammelte: „Äwer doch nicht dat ganze Geld! Äwer doch nicht dat ganze Geld!“ – Über diesen Schulzen erzählt man noch heute, dass durch seine Starrköpfigkeit die Bahntrasse von Rostock nach Doberan einen anderen Verlauf genommen hat, als ursprünglich vorgesehen. Die Haltestellen sollten sein: Rostock, Zoo, Allershagen, Bartenshagen, Doberan. Trost soll gesagt haben: „Ik will dat Gesinde ut de Stadt nich up minen Hoff rümlopen sein!“ Und so kam der Bahnhof nach Parkentin und Althof! (Im Reichsbahnarchiv Schwerin konnte ich darüber allerdings nichts finden.)

Ein Protokoll war dagegen seht interessant für mich: Zwei Parkentiner Bauern wollten ihren Acker nicht freiwillig zum Bau des Parkentiner Bahnhofes hergeben. Dabei zählten sie die Fruchtfolge ihrer sieben Schläge auf: Roggen, Gerste und Hafer, Futterrüben und Mengekorn, Roggen und Hafer, Klee, Klee, Brache. Daraus kann man schließen, dass sie 1883 noch keine Kartoffeln und Zuckerrüben auf größeren Flächen anbauten. Die benötigten Äcker wurden damals enteignet.

Zu einer Reihe von Anordnungen kam es während des 1. Weltkrieges. Die Männer und Pferde wurden größtenteils eingezogen. Die Regierung hielt ausländische Schnitter mit Hilfe guter Bezahlung fest. Dagegen erhielten gefangene Belgier, Franzosen und Russen außer der Beköstigung nur 40 Pf. Lohn pro Tag. Freiwillige Hilfskräfte aus der Stadt halfen ebenfalls bei der Ernte. Als Selbstversorger hatten die Bauern zwar nicht weiter unter Ernährungsschwierigkeiten zu leiden, wohl aber versuchten sie durch Reduzierung ihrer Milchkühe um das Ablieferungssoll herumzukommen und verschlechterten damit die Versorgung der Stadtbevölkerung.

 

 

4.    Die Geschichte der Bauern zu Neuzeit – 1918 – 1986

 

Mit der Absetzung des Großherzogs als Folge der Sozialistischen Oktoberrevolution im damaligen Russland erhielten die Bauern 1920 ihr restliches Pachtland als Eigentum zurück ohne Gegenleistung. Damit waren sie jetzt erstmals  seit 1621 wieder Besitzer ihrer Höfe. Zwar sahen die Nationalsozialisten sich gerne als Förderer des Bauerntums, doch war die letzte Rückgabe ja vor ihrer Machtübernahme erfolgt.

Das Wahlrecht zum Kirchgemeinderat oder sogar zur Synode ( 18 Geistliche , 36 Laien) nahmen auch die Bauern wahr. So hatten die Nazis mit der Bildung einer „Landeskirchliche Front“ , die aus DC und BK bestehen sollte, kein Glück, da die Kirchenältesten zu ihrem Pastor in Parkentin standen. Andererseits gab es in jedem Dorf einen Bauern, der bereit war, Ortsbauernführer zu sein. Dieser wählte bei Kriegsausbruch 1939 die Männer aus, die als erstes an die Front sollten. Auch kontrollierten sie Gefangene auf den Bauernhöfen, die nur Eintopf bekommen sollten und nicht mit den Bauernfamilien an einem Tisch sitzen durften, was häufig zu Schikanen vonseiten des Ortsbauernführers führte. Wen will es wundern, wenn sie nach der Zerschlagung des Hitlerfaschismus enteignet wurden.

Die enteigneten Höfe waren die ersten Ländereien, die dann im Zuge der Bodenreform an Neusiedler aufgeteilt wurden. Das Aufsiedeln der enteigneten Gutshöfe bedeutete den Tagelöhnern verständlicherweise mehr als die Kollektivierung der Landwirtschaft in den ehemaligen reinen Bauerndörfern den Bauern. Die Erinnerung an die Kommunenwirtschaft der Leibeigenschaft war noch nicht vergessen.

Allmählich setzte sich jedoch auch bei diesen Bauern die Erkenntnis durch, dass der Anschluss an den Weltmarkt heute neue Anforderungen an die Landwirtschaft stellt. Der Arbeitskräftemangel wäre ohne die moderne Technik sowieso nicht  mehr zu bewältigen. So arbeitet der Bauer von heute seinen Fähigkeiten entsprechend in der Tier- oder Pflanzenproduktion, im Bereich der Technik oder Verwaltung. Er schafft weiterhin durch seinen Fleiß die Ernährungsgrundlage für unser Volk. Dabei hat er heute eine gesicherte Existenz, seine Kindern steht  die allgemeine Schul- und Berufsausbildung offen, ihm die Mitarbeit in gesellschaftlichern Gremien.

 

Zusammenfassung:

 

Ich habe versucht, Ihnen aus der Fülle des Materials über die 800 jährige Geschichte der Bauern unseres Landes einiges zu erzählen. Dass dabei vieles zu kurz kam, ließ sich nicht vermeiden.

Mir selbst erklären sich durch das Wissen um Tatsachen viele Zusammenhänge. So ist die vielzitierte Rückständigkeit Mecklenburgs eben eine Folge des 30 jährigen Krieges  und das abwägende Verhalten der Bauern durch die bitteren Erfahrungen der  Leibeigenschaft zu verstehen. Auch ist die Größe der Höfe nicht durch Ausbeutung entstanden, wie oft behauptet wird.

Es gilbt bis heute leider keine umfassende Geschichtsdarstellung Mecklenburgs. Ich hoffe, dass ich mit meinen Ausführungen einen kleine Beitrag dazu beigesteuert habe.

 

Bartenshagen, Februar 1986       - -- Hanna Sauder