Die Besiedlung des Raumes Linderhofe – Steinegge – Burg Sternberg    
von Rainer Brinckmann

Beginnen wir in der Zeit des ersten Deutschen Kaisers, Karl, dem Großen ( 768 – 814; Kaiserkrönung : 800 ). Er hatte lange erbitterte Kämpfe gegen die Sachsen, die zu der Zeit auch den heutigen lippischen Raum besiedelten, geführt, um sie seinem Frankenreich zuzuführen und  zum Christentum zu bekehren. Durch seine Siege wurde unser Raum  fest in das christliche Frankenreich eingegliedert und somit auch für die christliche Kirche gewonnen.

Das Reich Karls, des Großen (786 - 814)

Um das Jahr 800 wurden vom Bistum Würzburg aus die Bistümer Paderborn und Minden gegründet. Von hier aus ging die Missionierung weiter und die Mönche gründeten in den umliegenden Dörfern Pfarrstellen, die dann zu Archidiakonaten zusammengefasst wurden. Diese Pfarrkirchen bildeten den Mittelpunkt der Kirchspiele  ( d.h. mehrere Orte gehörten zu einer Pfarrstelle ). In den Pfarrorten saßen oft auch die Vogte, die über die umliegenden Bauernschaften  die Verwaltung ausübten und die unterste Gerichtsebene ausübten.  

Die älteste Kirche auf lippischen Gebiet soll in Stapelage gestanden haben und noch vor 780 gebaut worden sein. Die Kirchen in unserem Raum, Almena, Bösingfeld, Alverdissen, Lüdenhausen, usw.  sind jedoch erst später entstanden, sie sind vom Bistum Minden aus gegründet worden.

Lippe vor 1200:

Auf der unteren Schaukarte sind die späteren lippischen Grenzen bereits eingezeichnet, obwohl es Lippe damals natürlich als Flächenstaat noch nicht gab. Die dunkle Tönung zeigt die erst zwischen 1323 und 1405 lippisch gewordenen Gebiete von Schwalenberg, Sternberg und Varenholz.  Eingezeichnet sind auch die Kirchspielorte in ihren Grenzen. Die Kirchspielorte hatten keine Stadtrechte. So war auch Detmold zu der Zeit nur ein dörfliches Kirchspiel.

Die Pfeile weisen auf grundherrliche Rechte auswärtiger Klöster an Höfen in Lippe hin.
 ( nach E. Kittel)  

Besiedelt war das Land damals von vielen kleinen bäuerlichen Anwesen. Sie hatten sich zu kleinen Dörfern zusammengefunden und trieben neben etwas Ackerbau hauptsächlich Viehzucht. Ihre Schweine, Ziegen, Schafe teilweise auch schon Rinder, trieben sie zum Weiden in den Wald und auf eine gemeinsame Weide, die Gemeine, die allen Bauern gemeinsam gehörte. Reichte die Gemeine nicht mehr aus, oder kamen neue Siedler hinzu, so wurde ein Teil des Waldes gerodet und somit neues Siedlungsland geschaffen.
In der Nähe der Siedlungen gab es oft auch Fluchtburgen, die bei Gefahren aufgesucht wurden. Diese Burgen waren durch z.T. recht steile Wallanlagen geschützt. In unserem Raum sich Fluchtburgen nachgewiesen auf dem Piepenkopf bei Hillentrup und auf dem Buntenberg bei Göstrup.

Grundriss der heutigen Burg Sternberg
Sternberg ( nach neusten Erkenntnissen –Grabungen im Jahre 1999 – schon vor 1200 gegründet ) entwickelte sich aus Alt – Burg Sternberg, das bis ca. 1240 bestand ; beide Anlagen liefen eine Zeit lang parallel, bis dann Alt Burg Sternberg aufgegeben wurde.  Sternberg wurde Sitz der Sternberger Grafen, die später auch in Alverdissen ein Schloss errichteten.            
Über dem Burgtor ( von 1520 ) der Sternberger Burg sind drei Wappen in Stein gehauen: der Stein/Stern der Sternberger, das Nesselblatt der Schaumburger und die Rose der Lippische Grafen. 

Burg Sternberg Kupferstich von E.v.Lennep
um 1663/66

 Um das Jahr 1185 erhielt der Edelherr Bernhard II. Vom Kaiser die Erlaubnis, auf seinem Grund und Boden an der Lippe eine Stadt zu gründen, die später Lippstadt genannt wurde.
Weitere Stadtgründungen werden folgen, doch bevor ich näher auf das lippische Herrscherhaus eingehe, möchte ich noch mehr von den Sternberger Grafen berichten.

Sie hatten sich schon im Jahre 1220 als Seitenlinie der Schwalenberger Grafen abgezweigt. Um 1200 waren die Schwalenberger eines der mächtigsten Herrscherhäuser Norddeutschlands. Ihnen gehörte auch der gesamte Osten des heutigen Lipperlandes. Doch schon bald wurde ihr Imperium durch Erbteilungen und Verpfändungen geschmälert.
Zu den städtischen Gründungen der Sternberger Grafen zählen Alverdissen, Bösingfeld und Barntrup. Alle drei Städte müssen am Ende des 13. Jahrhundert gegründet worden sein. Auch in ihnen findet man das in Lippe typische 3 – Straßen – Schema wieder. Es besteht aus Vorder-, Mittel- und Hinterstraße, die in einem Punkt zusammenlaufen. Dabei bildet die Mittelstraße die Längsachse des Ortes. Sie verläuft in der Regel immer im Zuge alter Heer- oder Handelsstraßen ( bei Bösingfeld: Sternberg – Hameln; bei Alverdissen : Lemgo – Hameln ; bei Barntrup auch : Lemgo Hameln ).
An der Mittelstraße liegt immer der Markt- und Kirchplatz. Während in Barntrup und Alverdissen in der Nordost - Ecke des Ortes auch Burgen entstanden sind, ist dieses für Bösingfeld nicht nachzuweisen. Eine erste Urkunde aus dem Jahre 1346 berichtet zwar von einer burgähnlichen Anlage ( vermutlicher Standort ist der Pulverberg ) und auch im Jahre 1353 wird in Bösingfeld von einem Sternberger „Burgmann“ gesprochen, der dort ansässig war. Am Pulverberg befand sich auch das älteste mittelalterliche Haus mit der Jahreszahl 1628, das jedoch leider am 9.8.1976 abgebrannt ist.
Im Jahre 1364 tritt nachweislich zum ersten Mal in Bösingfeld der Stadtrat zusammen.
1424 ist Bösingfeld anlässlich einer  Fehde zwischen dem lippischen Edelherrn Simon IV. und dem Schaumburger Grafen Adolf IX. völlig zerstört worden. Die Kirche ist bereits 1492 neu errichtet worden, fast 100 Jahre später wird die erste Schule erwähnt. Doch sie ist, genau wie alle anderen Gebäude auch, im 30 jährigen Krieg niedergebrannt. Nur die Kirche und vier Bürgerhäuser überstanden den Krieg.
Doch dann ging es auch wieder bergauf. 1650  wird das erste Postamt erwähnt, ca. 100 Jahre später wird die Postlinie von Kassel  über Paderborn, Detmold, Lemgo und Bösingfeld nach Rinteln wöchentlich einmal befahren. Zu erwähnen ist noch, dass bereit 1884 die erste zentrale Wasserleitung verlegt wurde und dass Bösingfeld bereits 1901 ein eigenes Elektrizitätswerk besaß.
Zum Bösingfelder Wappen: ( li.) In der unteren Spitze sieht man das markanteste Zeichen des mittelalterlichen Ortes, die Burgzinnen der von den Sternberger Grafen unterhaltenen Burg. Darüber steht auf silbernen Grund der rote Stern. Dieser Stern (Sternberg ) ist bereits in einem Siegel auf einer Urkunde aus dem Jahre 1364 enthalten
Lippisches Stadtschema:
Von drei parallelen Längsstraßen (Mittel- ,Ober- und Unter- bzw. Vorder- und Hinterstraße) biegen die Äußeren wenigstens an einem Ende zusammen auf die Mittelst. ein. Die Längsstraßen werden von mindestens einer Querst. gekreuzt. Außerhalb der äußeren Längsstraßen läuft eine Mauerstraße an der Stadtmauer entlang, die nur durch die Stadtburg unterbrochen wird. Einige Städte haben gar keine Mauer besessen. Sie waren von einem Wall dichter Hecken und Dornen umgeben.
             ( nach E. Kittel )
Bösingfeld um 1756 (rechts) Aufgeführt sind in dieser Zeichnung die Stätten von 140 Altbürgern. Deutlich sind auch hier die drei Straßenzüge  ( Nord-, Mittel- und Südstr.) zu erkennen. Beeindruckend ist die Breite des Schutzmantels aus Dornen und Gestrüpp, der "Hagen", der sich an beiden Seiten des Ortes entlangzieht.

In Bösingfeld hat es nie Stadttore oder Mauern gegeben, doch der Ort war auch durch die „Nordhagen“ und „Südhagen“ gesichert, auf der anderen Ortsseite schützten die beiden Asch - Quellbäche vor Feinden.
Alverdissen war 1370 auch schon eine städtische Siedlung mit Rat, Bürgermeister und einem Richter, der vom Grafen als Stadtherr eingesetzt war. Auch ein Ratssiegel mit Unterschrift „Sigillum oppidum Alverdessen“ ist noch vorhanden.
Das Alverdisser Schloss nahm die Nordost – Ecke des Ortes ein. Es war von Gräben und Teichen geschützt. Der restliche Ort wurde von „Hagen“ umwehrt. Dieses waren Heckenwälle aus Dornengestrüpp und undurchdringliches Dickicht. Der Hagen war an der Nordseite etwa 25m, an der Südseite sogar 40 m breit. Aus dem Ort heraus führten die Tore, nach Westen  das Obere Tor und nach Osten das Untere Tor ( das Hämelsche Tor ). Sie waren vom Mauern umgeben. Im Jahre 1377 verkauften die Sternberger Grafen ihre Alverdisser Herrschaft an das mit ihnen verwandte Haus Holstein – Schaumburg. Kurze Zeit später, am 30. Mai 1405, kam dann Alverdissen, wie die gesamte Grafschaft Sternberg als Pfand in den Besitz der lippischen Grafen, die dieses Pfand nie wieder abgaben.
Als „Verwahrer“ des Schlosses sind in den Jahren 1461 bis 1557 die Werpups nachzuweisen. Sie mussten für das Schoss eine ansehnliche Geldsumme als Pfand bezahlen, außerdem waren ihnen auferlegt, auf den einen guten Zustand der Straßen zu achten, damit auch ein ordentlicher Handel stattfinden könne.

 

Später, von 1616 bis 1777 war Alverdissen Residenz der Seitenlinie Lippe – Alverdissen.  Das alte Schloss war nicht mehr zeitgemäß, ja zum Teil auch schon sehr baufällig, so wurde es 1662 abgerissen und durch einen neuen, den heute noch stehenden Bau ersetzt. Der Erbauer des Schlosses, Graf Philipp Ernst ruht neben seiner Gemahlin in einer Grabkammer, die an der Nordseite der Kirche angebaut wurde.
Abb. Wappen von Alverdissen(halb Sternberg(Stern) halb Lippe(Rose))  

Alverdissen nach einem Kupferstich von E.v. Lennep um 1663/1666 
Barntrup wurde  zweimal im Laufe seiner Geschichte zur Stadt ernennt. Zum ersten Mal im Jahre 1376 von dem Grafen Heinrich V. von Sternberg. Damals gehörte der Ort nämlich zur Grafschaft Sternberg. Doch schon im Jahre 1317 wird der Ort nachweislich schon als „oppidum“ , 1366 dann als „Stadt“ bezeichnet.  Der Ort gehörte ursprünglich zum Kirchspiel Bega und erhielt erst 1317 eine eigene Kirche. In ihrem  Chorraum sieht man noch heute das Wappen der Grafen von Sternberg, vermutlich stammt es aus den Gründerjahren.
Die Sternberger Grafen verkauften Barntrup an die Schaumburger, von denen übernahmen die lippischen Grafen dann die Stadt. Genau wie Alverdissen, so setzten auch die Barntruper neben den halben Sternberger Stern die halbe Lippische Rose in ihr Wappen.
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